Bei all den Bereichen, in denen Nachhaltigkeit neu gedacht werden sollte, ist die Mode- und Textilindustrie für uns eine der spannendsten Branchen. Denn nach dem Ölsektor ist sie die zweit verschmutzende und von rund 80 Milliarden Kleidungsstücken, die jährlich produziert werden, geschieht dies derzeit nur bei etwa 2 Prozent unter fairen Bedingungen.
Die Entwicklung in der Modeindustrie ging in den letzten Jahrzehnten immer mehr in Richtung der sogenannten Fast Fashion: bei vielen Marken gibt es im Schnitt jede bis jede zweite Woche eine neue Kollektion und die Mode wird tendenziell immer günstiger. Aber auch bei höherpreisigen Marken sind die Produktionsbedingungen leider meist fernab von jeglichen Menschenrechten.
Höchste Zeit also für ein Umdenken. Wieso faire Mode gerade auch für unsere Umwelt so wichtig ist und warum es hierbei nicht ausreicht, wenn die Stoffe vegan sind, kannst du im folgenden Artikel nachlesen.
Wieso Überkonsum problematisch ist
Durch die bereits angesprochene Fast Fashion wurde aus unserer Kleidung statt einer Notwendigkeit ein Wegwerfprodukt – oft ist es für Konsument:innen beispielsweise günstiger, ein Produkt neu zu kaufen anstatt es reparieren zu lassen.
Durch cleveres Marketing wurden wir zum dauerhaften Konsum erzogen und bei den ständig wechselnden Kollektionen bekommt man das Gefühl vermittelt, andauernd etwas Neues zu brauchen. Oft spielen die Produktionsbedingungen bei einer Kaufentscheidung nur eine untergeordnete Rolle, ausschlaggebend sind meist die Marke sowie der Preis.
Dadurch ist es so weit gekommen, dass etwa 40 Prozent der Kleidung in unseren Schränken nie getragen wird. In Europa werden im Jahr etwa 5,8 Millionen Tonnen Kleidung weggeworfen. 75 Prozent davon landen auf Mülldeponien – das entspricht übrigens einer Wagenladung pro Minute. Ein großes Problem ist dabei die Tatsache, dass der größte Teil von Textilmüll nicht biologisch abbaubar ist.
Wer den wahren Preis von billiger Kleidung zahlt
Bei der Produktion unserer Kleidung sind im Normalfall Menschen an den verschiedensten Orten unserer Welt involviert. Die Lieferkette ist dabei lang: sie beginnt bei der Gewinnung von den Rohstoffen, aus denen dann ein Stoff gemacht wird. Dieser wird zu einem Kleidungsstück, welches später über weitere Transportwege irgendwann bei uns im Kleiderschrank landet.
Und die Ungerechtigkeiten beginnen bereits ganz am Anfang. So müssen viele Baumwollbauern etwa ihre Baumwolle mit Chemikalien behandeln, um überhaupt wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Chemikalien sind weder für die Böden, noch für die Menschen, die mit ihnen arbeiten, gesund.
Viele Unternehmen lassen ihre Teile nach wie vor in Ländern wie Pakistan oder Bangladesch fertigen, wo Arbeiter:innen wenige bis keine Rechte haben, meist keine festen Verträge bekommen und unbezahlte Überstunden leisten müssen. Wird ein T-Shirt etwa für 29,99 € verkauft, kommen davor nur rund 15 Cent bei den Arbeiter:innen in den Textilfabriken an.
Für das Marketing der Kleidung wird etwa doppelt so viel Budget angesetzt wie für die Produktion. Obwohl der größte Teil der Produktion in den Herstellungsländern geschieht, landen mehr als 70 Prozent des Umsatzes in den Verkaufsländern.
Wenn du mehr über die Missstände in der Mode- und Textilindustrie erfahren möchtest, können wir die Dokumentation „The True Cost“ sehr empfehlen.
Fehlende Verantwortung entlang der Lieferkette
Auf unserem Blog gibt es bereits einen Artikel über die Notwendigkeit einer globalen Lieferkette. Auch für die Modeindustrie sehen wir das als absolut unausweichlich an.
Da die Arbeiter:innen in Textilfabriken nicht bei den großen Modefirmen direkt angestellt sind, bleiben diese außerhalb der Verantwortung. Die Textilfabriken sind außerdem dazu gezwungen, zu den günstigen Konditionen zu arbeiten, da die großen Player die Aufträge ansonsten anderweitig vergeben würden.
Es gibt zwar freiwillige Verhaltenskodexe die etwa besagen, dass Mindestlöhne einzuhalten sind, es keine Kinderarbeit geben darf oder man von unbezahlten Überstunden absehen soll. Allerdings wird auf der anderen Seite auch erwartet, dass große Mengen in kürzester Zeit günstig produziert werden. Dass das nicht ganz zusammenpassen kann, liegt vermutlich auf der Hand.
Was bedeutet Fair Fashion
Glücklicherweise gibt es bei der Mode inzwischen ein Umdenken und eine Tendenz hin zu einer nachhaltigeren Struktur, was auch als Slow oder Fair Fashion bezeichnet wird. Das beschreibt auch einen Wandel hin zu mehr Verantwortung sowie mehr Respekt für unsere Umwelt und die Menschen, die unsere Kleidung produzieren.
Faire und nachhaltige Mode bedeutet also unter anderem, dass bei der Produktion weder Mensch noch unserer Umwelt geschadet wird.
Leider hat Fair Fashion oft noch den Ruf, zu teuer zu sein. Natürlich kann man ein fair produziertes T-Shirt vom Preis her nicht mit den 5€-Shirts, die man bei manchen Fast Fashion Marken bekommt, vergleichen. Jedoch wird das faire T-Shirt auch unter menschenwürdigen Bedingungen produziert. Hier sollte man also nicht nur den absoluten Preis in Betracht ziehen.
Es lohnt sich außerdem, auch die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht zu vergessen. Denn je öfter du das Teil trägst, desto günstiger wird es und desto besser ist es auch für unsere Umwelt.
Wieso es mehr als vegan braucht
Ein veganes Kleidungsstück ist nicht automatisch auch nachhaltig. Hier muss auf die Details geachtet werden – denn Kleidungsstücke aus synthetischen Fasern wie Polyester sind problematisch. Polyester besteht aus Erdöl und ist nicht biologisch abbaubar.
Beim Waschen von Kleidung mit Kunstfasern löst sich außerdem die sogenannte Mikroplastik und gelangt so in unsere Gewässer. Nach Schätzungen befinden sich bereits über 1,4 Billionen Mikrofasern in den Ozeanen. Dabei kommt der größte Teil, nämlich 35 Prozent, von Kunstfaserkleidung.
Polyester kann zwar ein ganz guter Stoff sein – wenn es im Recycling-Kreislauf gehalten, immer wieder neu eingeschmolzen, eingesponnen und so zu neuen Fasern gewonnen wird – wir persönlich würden jedoch immer Fasern ohne Plastikanteile bevorzugen.
Natürlich darf zum Schluss nicht unerwähnt bleiben, dass auch im Bereich der Mode ein ganz großer Teil des Problems in unserem System im Allgemeinen liegt. Denn Fair Fashion ist nicht für jede:n zugänglich und erschwinglich. Manche Menschen sind auf die günstigen Preise schlichtweg angewiesen.
Dennoch denken wir, dass es hier eben ein allgemeines Umdenken benötigt und die Kosten für die günstige Mode nicht von unserer Umwelt sowie den Leuten, die sie produzieren, getragen werden sollten.